Patagonien 2025

W-Trek

Der W-Trek ist der berühmteste Fernwanderweg im Torres-del-Paine-Nationalpark in Chile und knapp 80 km lang. Wir werden ihn in vier Etappen wandern.

Seinen Namen hat er von seiner Form, die auf der Landkarte wie ein W aussieht. (Es gibt z. B. auch den O-Trek, dessen Form ihr sicherlich erraten könnt.)

Wir werden den Trek – anders als die meisten Wanderer – von Westen nach Osten, also von links nach rechts, abwandern, so wie man das W auch schreibt. Das hat den Vorteil, dass wir am letzten Tag noch ein echtes Highlight einbauen können – vorausgesetzt, das Wetter spielt mit.

Landkarte 8b W Trek


Tag 1 (Donnerstag, 13.11.):

Um zum Start des W-Treks zu kommen, mussten wir ein Stück mit dem Boot fahren. Heute war es so windig, dass lange nicht klar war, ob es fahren kann, doch kurz nach 12 Uhr kam das ok, so dass es um 13 Uhr los ging und wir gegen 14 Uhr am Einstieg zum W-Trek waren.

Die Alternative – wenn das Boot nicht hätte fahren können – wäre gewesen, einen deutlich windgeeigneteren Katamaran zu nehmen. Dieser fährt aber zum Endpunkt unserer ersten Etappe des W-Treks, so dass diese ausgefallen wäre.

Auch auf der Wanderetappe war es so richtig windig, dass wir öfter richtig weg- und durchgeblasen wurden und die Berge waren alle wolkenverhangen, so dass wir nur wenige Fotostopps eingelegt haben.

Dadurch waren wir um 18 Uhr am ersten Camp, gerade rechtzeitig, bevor es zu regnen begann.

Die erste Etappe entsprach übrigens exakt dem ersten (linken) Schenkel des W‘s.

Tag 2 (Freitag, 14.11.)

Wie vom Wetterbericht angekündigt, regnete es die gesamte Nacht und den Vormittag durch – und zwar nicht nur ein bisschen. Ganz kamen die Regenmengen nicht an den einen Tag in Cornwall heran, aber viel fehlte nicht.

Nachdem ich noch 5.000 Pesos in den letzten Regenponcho, den es auf der Hütte gab, investiert habe, sind wir um 11 Uhr aufgebrochen – wir hatten ja noch eine komplette Tagesetappe vor uns.

Wegen unseres späten Aufbrechens war aber klar, dass wir das Valle des Francés auslassen müssen, aber bei der heutigen Bewölkung hätte man wahrscheinlich eh nicht viel Aussicht gehabt.

Kaum waren wir komplett wasserdicht verpackt, hat der Regen weitestgehend nachgelassen. Regenhüllen, -jacken und -ponchos brauchten wir natürlich trotzdem, aber im Laufe des Tages konnten wir Schritt für Schritt ein paar Schichten ablegen.

Im gleichen Maße wurden auch die Gipfel freier und die Wolken interessanter, so dass wir die Fotografierquote deutlich steigerten. Zeitweise ließ sich sogar die Sonne blicken.

Der viele Regen verwandelte allerdings in der zweiten Hälfte der Tour den Wanderpfad mehrfach in einen veritablen Bach, der an einer Stelle knie- bis hüfttief war und unsere gesamte Anstrengung herausforderte.

Und ganz am Ende der heutigen Tour mussten wir tatsächlich einen Fluss überqueren. An der Stelle, an der man diesen normalerweise überquert ist extra ein Seil gespannt, aber heute war das Wasser hier auch knietief. Ganz unten an der Mündung in den See, war er jedoch so breit und damit viel weniger tief, so dass wir dort mit etwas Mühe über die Steine ans andere Ufer balancieren konnten.

Die Hütte war heute deutlich kleiner als die Massenanlage gestern, es gab teilweise warme Duschen (nass machen sehr heiß, abduschen des Duschgels eiskalt) und das Desert, das es zum Abendessen gab war auch interessant: Linsen mit Kompott (aber gar nicht so schlecht wie es klingt – oder wir waren einfach hungrig).

Die erste Nacht auf dem W-Trek schliefen wir vier mit unseren beiden Guides in einem Sechsbettzimmer, ab heute geht es in Zelte. Wir haben uns im Vorfeld schon gefragt, wie sie es bei dem Wetter hier schaffen, dass die fest montierten Zelte trocken bleiben. Vorhin haben wir es gesehen: sie sind in knapp zwei Meter Höhe auf einem Gestell montiert.

Die zweite Etappe entsprach dem zweiten und größten Teil des dritten Schenkel des W‘s. Da wir das Valle des Francés ausgelassen haben, waren diese beiden Schenkel aber deutlich niedriger als die äußeren beiden Schenkel – eher so wie bei vielen handgeschriebenen W‘s.

Tag 3 (Samstag, 15.11.)

Da übernachtet man mitten in der freien Natur und ist überrascht, wie laut es da ist – der Fluss und der Wind machen einen ordentlichen Lärm, den man sich gar nicht vorstellen kann, wenn man sonst wie wir mitten in der Großstadt lebt (in einer Zone 30, im fünften Stock und nach hinten zum Stadtpark raus).

Dazu kam noch, dass gestern Abend für die Nacht und heute Windgeschwindigkeiten bis 100 km/h angekündigt waren. Entsprechend durchgeschüttelt wurde unser Zelt immer wieder. Heute früh reduzierte der Wetterbericht den Wind für tagsüber auf 90 km/h.

Während des Frühstücks ertönte übrigens plötzlich eine verjazzte Version von Pippi Langstrumpf aus dem Lausprecher – durchaus interessant.

Heute gab es unterwegs – anders als gestern – nicht so sehr Bäche und Flüsse zu überwinden als vielmehr großflächige Sumpfflächen, bis es gegen Ende wieder steiler bergauf ging, was auch den Weg besser machte.

Kurz vor unserem Camp mussten wir über den „Windy Pass“ – ihr könnt euch vorstellen, wie es dort war. Am Camp schneite es leicht, wir mussten echt Aufwand treiben, um wieder warm zu werden, doch zur Abwechslung kam eine Karawane von Gouchos mit ihren Pferden an, die die Lebensmittel zum Camp transportierten und den Müll, den die Wanderer nicht selbst runter tragen, ins Tal bringen.

Die dritte Etappe ging bis ca. 5 km vor dem Ende des rechten oberen Teils des W‘s.

Tag 4 (Sonntag, 16.11.)

Um 2:45 gab es ein ganz schnelles Frühstück und um 3:00 Uhr starteten wir mit Stirnlampen Richtung Lagune am Fuße der Torres del Paine. Spätestens gegen 5:30 Uhr wollten wir dort sein, denn kurz vor 6 ging die Sonne auf.

Der Himmel war zu großen Teilen klar mit einigen Wolken, so dass wir große Hoffnung auf einen richtig farbenprächtigen Sonnenaufgang hatten. Dummerweise waren die Wolkenlöcher so, dass die Torres nur teilweise beschienen wurden, hauptsächlich die Berge davor. Schön war es aber trotzdem.

Wenn ihr euch beim Anschauen der Fotos denkt, dass es da oben sicherlich richtig schön ruhig und beschaulich war, dann liegt ihr ziemlich daneben. Influencer haben es geschafft, genügend Leute zu beeinflussen, dass selbst im November, ganz am Anfang der Saison, dutzende von Menschen da oben waren und Halligalli machten. In der Hauptsaison werden es sicherlich hunderte sein.

Nach dem Abstieg zurück ins Camp haben wir gepackt, unsere Zelte geräumt und noch ein zweites Frühstück zu uns genommen. Gegen halb zehn sind wir zu dem rund zweistündigen Abstieg ins Tal aufgebrochen und kurz nach zwölf wurden wir von einem Fahrer mit dem Shuttlebus abgeholt, der uns nach Puerto Natales zurückbringen sollte.

Auf dem Abstieg kamen uns übrigens Unmengen an Menschen entgegen, die alle zur Lagune am Fuße der Torres del Paine wollten – größtenteils als Tagestour. Tagsüber ist da oben also noch viel mehr los.


Der W-Trek ist ganz nett, unsere Erwartungshaltung durch das, was man im Internet darüber liest, konnte er aber nicht ganz erfüllen.

Die Etappen sind zwar lang und erfordern Kondition, technisch sind die Wanderwege aber eher einfach und ohne größere Herausforderung. Der Weg geht sehr nah am Paine-Massiv entlang, so dass man die eigentlich tollen Berge gar nicht so gut sieht (selbst wenn das Wetter besser gewesen wäre) und man stattdessen viel häufiger Blick auf die patagonische Steppe hat.

Da hatten unsere bisherigen Wanderungen in Argentinien viel mehr zu bieten und da reden wir noch gar nicht vom fehlenden Komfort einer Fernwanderung (besonders im Zelt) gegenüber Tagestouren.

Höhepunkt waren ganz sicher die Torres del Paine am frühen Morgen des letzten Tags, aber die hätte man auch als Tagestour (dann aber nicht zum Sonnenaufgang) machen können oder mit nur einer Übernachtung im Zelt, wenn der Sonnenaufgang wichtig ist.

Der Hype um den W-Trek ist u. E. daher übertrieben. Schön war es aber natürlich trotzdem.

Und wir sind (natürlich nicht nur hier am Trek) eine sehr nette kleine Gruppe und der chilenische Guide, den wir für die vier Tage zusätzlich hatten, war ein echt witziger Typ und sehr angenehm und hilfsbereit.


Nachtrag:

Falls ihr in den Nachrichten (es wurde ja auch in Deutschland überall berichtet) von dem Schneesturm mit fünf Toten im Nationalpark Torres del Paine im Süden Chiles gehört oder gelesen habt: Wir haben am Tag vor dem Unwetter unsere Tour planmäßig beendet und sind daher verschont geblieben.

Der Trek, auf dem das Unglück passierte („O-Trek“), ist ein 8-10-tägiger Fernwanderweg (Rundweg) um das Paine-Massiv. Wir sind die südliche Hälfte dieses Treks („W-Trek) gegangen – das sind 4-5 Tagesetappen, die wir in vier Tagen gemacht haben.

Wir hatten „nur“ bis zu 100 km/h Wind und ansonsten ganz brauchbare Verhältnisse. Aber am Tag nachdem wir durch waren, gab es (angekündigt) Wind bis zu 193 km/h, Schneesturm und Null Sicht. Darin sind fünf Menschen ums Leben gekommen und vier ursprünglich Vermisste wurden lebend geborgen.

Bisher sind die Umstände unklar, aber wir wären unter den angekündigten Bedingungen nicht weitergegangen, sondern hätten im Camp im Zelt ausgeharrt, bis das Wetter wieder gut genug gewesen wäre.